Mittwoch, 15. Juni 2011

Portrait: Harry Nilsson zum 70.


Heute wäre Harry Nilsson 70 Jahre alt geworden. Leider ist er jedoch bereits 52-jährig verstorben - viel zu früh!

Wer sich nun fragt, wer dieser Harry Nilsson denn war, der kennt bestimmt seinen größten Hit, wenn auch eventuell in der Version von Mariah Carey. Without You war 1971 an den Spitzen aller Charts weltweit und bescherte dem US-amerikanischen Sänger den Erfolg, dem er - aus kommerzieller Sicht - anschließend den Rest seiner Karriere hinterher lief. Seine größten Fans hatte er im Kollegenkreis. Z.B. in den Beatles. Mit ihnen war er persönlich befreundet, vor allem mit John Lennon und Ringo Starr, in dessen Nähe in London Harry Nilsson ein (legendäres) Appartement besaß.

Harry Nilsson war ein begnadeter Songschreiber. Schon ganz zu Beginn seiner Karriere in den frühen 60er-Jahren, als er am Tage bei einer Bank arbeitete, schrieb er abends gemeinsam mit John Marascalco oder Phil Spector Songs für Little Richard, Glen Campbell oder die Yardbirds. 1967 bekam er einen Plattenvertrag mit RCA und hatte 1969 einen Hit mit Fred Neils Song Everybody's Talkin, der in dem Spielfilm Asphalt-Cowboy Verwendung fand und wofür Harry Nilsson einen Grammy gewann.

Harry Nilsson setzte aber nicht nur auf Eigenkompositionen. Immer wieder nahm er Coverversionen auf. Mit Nilsson Sings Newman widmete er dem damals noch unbekannten Randy Newman ein komplettes Album. Und es war auch eine Coverversion, die Harry Nilsson an die Spitze der Charts katapultierte. Without You war ein Song der britischen Band Badfinger (Nilsson hielt den Song zunächst für einen Beatles-Song als er ihn im Radio hörte), geschrieben von Peter Ham und Thomas Evans mit dem unverwechselbaren Refrain "I can't live, if living is without you" (ironischerweise haben sich beide Autoren später das Leben genommen). Without You führte die Charts in England und den USA an.

Harry Nilsson war bekannt für seine mächtige Stimme. Sie umfasste mehrere Oktaven; was ihm für seine Interpretation von Without You seinen zweiten Grammy einbrachte. Reichlich Ruhm! Ruhm, der ihm in den Folgejahren ebenso reichlich Geld bescherte, das er in z.T. irrwitzige Albumprojekte investierte, die kommerziell allesamt floppten. Doch Nilsson nahm es mit Humor (von dem er reichlich besaß!) und nutzte die Gunst der Stunde, um sich ein paar Wünsche zu erfüllen: ein Album mit Pop-Standards á la Irving Berlin, arrangiert von Gordon Jenkins, schrieb ein Musical und ließ sich ein ein Album von John Lennon produzieren. 1973, gerade als Lennon sich sein "Lost Weekend" nahm, kamen die beiden in Kalifornien und später in New York im Studio zusammen. Gemeinsam mit Ringo Starr, Keith Moon, Klaus Voormann und einem ganzen Batallion weiterer Musiker entstand unter recht feucht-fröhlichen Umständen Pussy Cats, ein Album, das den Kritikern die Haare zu Berge stehen ließ, durchaus aber seine Highlights hatte. Man trieb es so bunt, dass Nilsson zwischenzeitlich seine Stimme verlor und mehrere Monate brauchte, um sich wieder zu erholen.

Es folgten in kurzen Abständen weitere Alben (1975 z.B. Duit on Mon Dei dessen ursprünglicher Titel God's Greatest Hits von der Plattenfirma verworfen wurde) von denen trotz Staraufgebot an Musikern kaum jemand Notiz nahm. 1977 schließlich erschien Knnillssonn, mit dem Harry Nilsson und die Plattenfirma wieder schwarze Zahlen schreiben wollten. Doch durch den Tod Elvis Presleys, einen Monat nach Veröffentlichung des Albums, hatte die Plattenfirma RCA mit einem Mal besseres zu tun, als ein Harry Nilsson-Album zu promoten. Leider.

Ein letztes Album erschien 1980. Bis zu seinem Tod 1994 gab es dann nur noch sporadisch Lebenszeichen von ihm, obwohl er immer mal wieder im Studio war. Ein angeblich fertig gestelltes Album blieb unveröffentlicht. 1988 war er an Hal Willners Stay Awake-Disney-Tribute beteiligt, nachdem er schon 1984 für das John Lennon-Tribute-Album Every Man Has A Woman einen Song beigesteuert hatte. Der Tod John Lennons machte Nilsson zudem zum Aktivisten gegen privaten Waffenbesitz. Seinen letzten Auftritt hatte er gemeinsam mit Ringo Starr am 1. September 1992.

Die Alben Harry Nilssons gibt es beinahe alle noch auf CD, z.T. remastered. Und es gibt natürlich reichlich Zusammenstellungen, von denen die allermeisten sein ganz frühes Material kompilieren. Empfehlenswerte Alben sind seine frühen RCA-Veröffentlichungen Pandemonium Shadow Show (1967) und Aerial Ballet (1968), sein exzentrisches Meisterwerk Son of Schmilsson von 1972, Pussy Cats natürlich und Knnillssonn. Die Doppel-CD Anthology bietet mit beinahe 50 Songs einen sehr guten Querschnitt aus den 13 Jahren seines Schaffens für RCA.

Coconut (Nilsson Schmilsson, 1971) | Save The Last Dance For Me (Pussy Cats, 1974) | Harry Nilsson bei amazon | Harry Nilsson Web Pages

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